Pet Shop Boys im Colosseum

Die Briten wirken in München so,


als wollten sie sich verstecken.




Ist das wirklich ein Konzert der Pet Shop Boys, oder sind da Doppelgänger am Werk, die die größten Hits des britischen

Pop-Star-Duos plus einige schlappe Songs von deren neuestem Album abspulen?


Die Akteure auf der Bühne des ausverkauften Colosseums wirken so, als wollten sie sich verstecken: Geschützt von blendenden

Scheinwerfer-Breitseiten stehen sie wie die Ölgötzen herum, abgeschirmt von gleißenden Lichtkegeln.


Obwohl das Instrumentarium auch E-Gitarren und sogar richtiges Schlagwerk umfasst, was ja eher untypisch für die Synthiepopper

ist, die bisher strikt auf Kling-Klang-Maschinchen setzten, wirkt die Musik so, als würde unerbittlich ein Playback rattern.


Aber die Pet Shop Boys benutzen auf ‘Release’, ihrem jüngsten Werk tatsächlich verstärkte Gitarren – erstmals in ihrer

Bandgeschichte.


Für die Doppelgänger-These spricht an diesem Abend übrigens auch der Gesang: Der Typ, der sich am Schluss als Neil Tennant

vorstellt, kann dessen quengelig-hohe Stimme zwar täuschend echt imitieren, trifft den richtigen Ton aber in mittleren

Gesangslagen (wie bei der Elvis-Nummer ‘You Were Always On My Mind’) erst nach mehreren Anläufen.




Schauderhaftes Geknödel




Erstaunlich gut dagegen die Version von ‘West End Girls”, dem ersten Pet-Shop-Boys-Hit, aber da wird ja auch kaum gesungen,

sondern gerappt.


Der Mann am Mischpult fährt das schauderhafte Geknödel gnädigerweise mehr und mehr herunter. Die Musik-Maschinchen dürfen nun

ihr Spektrum vorführen: Zickige Micky-Maus-Melodien, pseudopathetisches Kirchenorgel-Gedröhn und jede Menge Disco-Bumm-Bumm

wummern wohldosiert aus den Boxen.


Die Lightshow präsentiert noch ein Feuerwerk zwischen Ecstasy-Romantik, Blitzlicht-Gewitter und Reichsparteitag-Ästhetik,

bevor der Tennant-Imitator das Publikum mit ‘You Were Fabulous’ entlässt. Dieses Schlager-Kult-Gedöns war es jedenfalls

nicht.

Taken from: Süddeutsche Zeitung
Interviewer: Markus Mayer