Viel Wasser ist die Themse hinuntergeflossen, seit die Pet Shop Boys mit ihrer Single ‘West End Girls’ weltweit durchstarteten. Nun kommt mit ‘Yes’ das inzwischen zehnte Studioalbum von Neil Tennant (Gesang) und Chris Lowe (Keyboards) auf den Markt und führt nach dem sehr technischen ‘Minimal’ aus dem Jahr 2006 jetzt wieder mehr in Richtung Chart-Sound. Und während viele neue Acts nach kurzer Zeit wieder in der Versenkung verschwinden, sind die Pet Shop Boys so etwas wie die letzte echte Popband und trotzen allen Trends, vor allem deshalb, weil sie diesen immer einen Schritt voraus sind. Außerdem schaffen sie stets einen Sound, der einerseits zeitlos und andererseits top-aktuell ist.
Die Pet Shop Boys setzen sich aus dem früheren Musikjournalisten Neil Tennant und dem Kurzzeit-Architekten Chris Lowe zusammen. Beide kommen aus Nordengland (Newcastle bzw. Blackpool) und trafen sich in London. Sie stießen zwar nicht – wie oft aufgrund des Band-Namens spekuliert wird – in einer Tierhandlung aufeinander, sondern begegneten sich in einem Elektrogeschäft, wo Tennant einen Stecker für seinen neu gekauften Synthesizer kaufen wollte. Schnell freundeten sich die jungen Männer an und begannen gemeinsam Lieder zu schreiben, was sogar weltweit betrachtet zum erfolgreichsten Popduo aller Zeiten führte. Der Weg in die Charts gelang allerdings nicht auf Anhieb, denn die Anfänge waren wie so oft nicht sonderlich von Ruhm und Ehre begleitet. Schlussendlich konnten die Boys aber nach Achtungserfolgen in ihrer Heimat ganz Europa und sogar die USA sowie den Rest der Welt begeistern. Das liegt einerseits an der charismatisch-britischen Ausstrahlung ihres intellektuellen Frontmans Neil Tennant, der mit seinem häufig eingesetzten-Falsett-Gesang ein Vorreiter für viele Sänger der aktuellen Charts wurde. Andererseits tüftelte Musik-Talent Chris Lowe an unzähligen enorm tanzbaren Melodien, die sofort ins Ohr gingen und vielfach in Kombination mit riesigen Orchester-Sounds zu wahren Symphonien anschwollen. Ähnlich wie Queen im Rock-Bereich kreierten die Pet Shops mehr als reine Songs, sondern zeichnen in ihrer beachtlichen Karriere für viele Kreationen verantworlich, die man sonst nirgends finden konnte.
Bis heute gelten die Pet Shop Boys als clevere Hitfabrikanten, was aber dem wahren Talent der beiden Künstler nicht gerecht wird, denn sie haben stets auch völlig am Mainstream vorbeizielende Produkte abgeliefert. Vielmehr geht es immer darum, eine bestimmte Message möglichst passend zu positionieren. Die hauptsächlich durch ihre Konservenware kommunizierenden Herren haben sich deshalb immer mal wieder neu erfunden: Egal ob es um Latino-Sound, leichte Rock-Ansätze oder Klassik-Ambitionen geht – die Pet Shop Boys schaffen die Gratwanderung und werden vom zumeist erwachsenen Publikum dafür immer noch geliebt. Auch die wenigen Live-Auftritte passen genau ins Konzept: Schließlich läßt sich das Repertoire genausogut mit einem akustischen Set-up bei fast schon privat wirkenden Auftritten transportieren oder durch riesige Bühnenbilder in einer Sportarena vor zig-tausenden Menschen schmettern.
Das vorliegende Werk ‘Yes’ lässt sich rein vom Titel her jede Menge Spekulationen zu, wie das auch schon bei Alben wie ‘Behaviour’, ‘Bilingual’ oder natürlich bei ‘Please’ der Fall war. Mit der neuen Schöpfung aus dem Hause Tennant/Lowe werden auf jeden Fall wieder einmal viele potenzielle Zuhörer bedient, denn neben den Hardcore-Fans dürfte der Sound auch anderen Menschen gefallen. Die praktisch zeitgleich mit dem Album erscheinende Single ‘Love etc.’ überzeugt hier nicht nur durch die Ohrwurmqualität, sondern auch die simple Botschaft, dass man eigentlich nur Liebe im Leben braucht und man auf alles andere mehr oder weniger verzichten kann.
Um die Wartezeit bis zum Erscheinen des Albums zu verkürzen, haben die Pets übrigens ein wunderbares Preview-Medley auf ihre Website gestellt, das kostenlos in sagenhafter 320kbit-Qualität heruntergeladen werden kann. In dem 10 Minuten langen Mix von Tom Stephan gibt es ein Best of von ‘Yes’ zu hören: www.petshopboys.co.uk (Link zu finden unter ‘Pet Texts/14 March 2009’)
Insgesamt kann man sagen, dass dem Duo Tennant/Lowe mit dem neuen Album ‘Yes’ wieder ein großer Wurf gelungen ist und darin ein enormes Hitpotenzial steckt. Ob es tatsächlich auch ein Werkaufserfolg wird, muss sich zeigen, wobei die Fans der Pets insgesamt eine sehr treue Gemeinde darstellen, die der oft als ‘am meisten unterschätzten Popband der Welt’ ohnehin fast bedingungslos die Treue hält. Wer die tanzbaren und stets melancholischen Songs der Tierladen-Jungs nicht nur in der Westkurve eines Fußballstadions oder in der Eishockeyhalle mag, sondern abseits der genialen Coverversionen auch die selbstgeschriebenen Hits mag, wird von ‘Yes’ nicht enttäuscht werden.
Taken from: nurido.at
Interviewer: nurido.at
