Die Pet Shop Boys und ihre Träume

Neues Album zum 25-jährigen Dienstjubiläum




Das Dasein als Pet Shop Boys macht Neil Tennant (54) und Chris Lowe (49) auch nach einem Vierteljahrhundert immer noch viel Freude. 25 Jahre nach der ersten Nummer Eins «West End Girls« veröffentlicht das Duo mit dem neuen Album «Yes« eine Platte mit enormen Hit-Potenzial.




Das neue Album heißt «Yes«. Ein positiveres und lebensfreudigeres Wort gibt es kaum.




Neil Tennant: Schlau beobachtet. Es ist schließlich auch ein sehr positives und lebensfreudiges Album. Wir haben dieses Mal überdurchschnittlich viele euphorische und gutgelaunte Popstücke komponiert.




Aufgenommen habt ihr das Album zusammen mit den Produzenten von Girls Aloud oder den Sugababes. Sind die nicht ein bisschen zu kommerziell für euch?




Tennant: Seit wann sind die Pet Shop Boys nicht kommerziell? Wir lieben Mainstream! Wir sind nie Snobs gewesen. Und wir denken nicht alleine so. Auch Chris Martin ist ein großer Fan von Girls Aloud. Die Mädels dürfen sogar bei Coldplay im Vorprogramm aufgetreten, im Sommer im Wembley Stadion.




Die Pet Shop Boys sagen «Yes«, Obama sagt «Yes, we can«. Wieviel Politik steckt in den neuen Songs?




Tennant: Obama kommt indirekt nur einmal vor, im Song «More than a Dream«, in dem ich singe «I believe we can change/we can make it more than a dream«. Wir haben den Song im vergangenen Juni geschrieben, als er gerade seine ganzen Vorwahlen gewann und es immer deutlich wurde, dass diese garstige Bush-Ära nun wirklich dem Ende zuging.




In «Love etc«, der neuen Single, heißt es «Ich brauche kein tolles Auto, kein großes Haus und keine Macht. Ich brauche nur Liebe.« Ist das ein idealistisches Statement in Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs?




Tennant: Idealistisch ist der Song auf jeden Fall. Aber das Motiv ist eher die Langeweile mit unserer heutigen Hollywood-Kultur. Mich ödet das extrem an. Diese schönen Menschen haben ein Lächeln, das so kalt ist wie Eis. Ich sehne mich nach einer ernsthafteren Welt, nach einer Welt, die ein bisschen weniger vom Geld motiviert ist und mehr von dem Willen, optimistisch in die Zukunft zu schauen.




Worum geht es im Song «Beautiful People«?




Tennant: Das Leben als Berühmtheit ist ein hartes Leben. Ich würde so nicht leben wollen.




Chris Lowe: Ich stelle mir immer vor, wie eine Mutter von zwei Kindern durch die einschlägigen Magazine blättert und sich erträumt, auch so ein Leben zu führen wie Victoria Beckham oder Angelina Jolie. Wenn die wüsste, wie unsagbar stressig so ein Dasein ist.




Tennant: Ich lese diese Heftchen immer, wenn ich am «Green Park« auf den Bus der Linie 19 warte. Komischerweise nur dort, direkt gegenüber vom Hotel «Ritz«. Es gibt da an der Ecke so einen tollen Kiosk, in den ich immer reingehe und schaue, was es Neues gibt. Natürlich regnet es immer, der Verkehr ist ein einziges Chaos, und dann stehe ich da mit meinem Bunteleuteheftchen.




Sie fahren also Bus?




Tennant: Natürlich fahre ich Bus. Mit dem Bus bist du meistens schneller als mit dem Auto.




Sie singen in «Beautiful People« «I am dreaming of a perfect me«. Wie sähe der perfekte Neil Tennant aus?




Tennant: Der perfekte Neil Tennant wäre dünner und hätte mehr Haare.




Insgesamt altert ihr Pet Shop Boys aber sehr geschmackvoll.




Tennant: Danke schön. Wir versuchen, diese Aussehensfrage nicht zur Obsession werden zu lassen. Ich bin 54 Jahre alt und sehe, wenn ich mir viel Mühe gebe, vielleicht aus wie 49.




Lowe: In diesem Beruf ist es natürlich schwierig, der Druck ist enorm. Ständig wirst du fotografiert oder gefilmt, du wirst aus beruflichen Gründen praktisch permanent mit deinem eigenen Bildnis konfrontiert. Ich kann verstehen, wie man es unter diesen Umständen mit der Angst kriegen kann.




Madonna ist etwa in Ihrem Alter. Ist es für Männer einfacher, lässig alt zu werden?




Lowe: Seit Magazinen wie «Men’s Health« nicht mehr. Uns wird genauso ein Druck gemacht wie den Frauen. Jetzt fangen ja sogar die Männer schon an, Botox zu spritzen.




Tennant: Obama! Der arme Obama. Jeden Morgen um 6.45 Uhr steht der Mann im Fitnesstudio. Aber okay, man sieht es ihm auch an. Der Mann ist ein Hengst. Aber er kann sich jetzt auch dann nicht mehr gehen lassen, selbst wenn er wollte. Nicht mal mehr in Ruhe rauchen darf er.




Sie haben gerade den Brit-Award für «Herausragende Leistungen in der Musik« erhalten. Wenn Sie sich selbst einen Preis geben würden – wofür wäre der?




Tennant: Ich würde uns den «Überlebenspreis im Musikgeschäft« überreichen. Was dem Preis, den wir bekommen haben, nicht allzu unähnlich ist. Nicht viele Menschen überleben auf diesem Schlachtfeld. Und wir haben schon 25 Jahre geschafft, ohne uns jemals prostituieren zu müssen.




Ganz anderes Thema: Stimmt es, dass Sie ein Ballett planen?




Tennant: Ja, wir machen das für «Sadler’s Wells«, das renommierteste Balletthaus in London. Das Stück basiert auf einem Märchen von Hans Christian Andersen. Aber wir werden erst nächstes Jahr damit fertig werden, weil wir jetzt zunächst Mal auf Tour gehen.

Taken from: Nürnberger Sparkasse
Interviewer: Steffen Rüth