Konzert Review Arena, Berlin

Eben noch beim Campino Look-Alike-Wettbewerb,


jetzt schon auf unserer Showbühne!


Neil Tennant macht uns die Klobürste.




Diese Perücken! Der Vorhang ist gefallen, die Show kann beginnen, aber zuerst wundert man sich über die

abenteuerlich hochstehenden Irokesenfrisuren von Neil Tennant und Chris Lowe. Die extravaganten Haarkreationen

waren ja schon auf dem Cover des jüngsten Albums ‘Nightlife’ zu sehen, aber in natura betrachtet wirklen sie

noch abseitiger. Als passende Overtüre ertönt ‘West End Girls’ – mit diesem Song über die haarsträubend bewegte

Szene in Londons Amüsier- und Einkaufsviertel begann vor fünfzehn Jahren die Karriere des ebenso hartnäckigen

wie intelligenten Duos. Nur sporadisch sind die Pet Shop Boys seitdem auf Tournee gewesen. Wenn es einmal soweit

war, haben die Briten viel Aufwand für ihr Pop-Theater betrieben. Dieses mal ist ein von der mehrfach prämierten

Designerin Zaha Hadid gefertigter Laufsteg in Form eines aufsteigenden Felsens zentraler Bestandteil des

Bühnenbildes. Ganz so viel Betrieb wie bei den Konzerten Anfang der neunziger Jahre, als die Pet Shops ein

Pop-Potpourri mit Ballett kredenzten, herscht aber nicht. Die treue Begleitsängerin Sylvia Mason-James ist dabei,

dazu vier weitere Tänzer und Sänger. Tennant steht im Mittelpunkt und spielte die Rolle des freundlichen Gastgebers

einer bunten Hit-Revue. ‘What Have I Done To Deserve This?’ zu spielen, scheint ihm eine Herzensangelegenheit zu sein.

Der ursprünglich mit Dusty Springfield gerät zum emotionalen Abschied von der im letzten Jahr verstorbenen Diva. Ihr

Gesang läuft vom Band, sie ist auf einer Leinwand zu sehen, und am Ende wirft Tennant ihn einen letzten Kuss zu.

Hits wie ‘Suburbia’, ‘Domino Dancing’ oder ‘Rent’ aber fehlen im Liedreigen. Stattdessen sind unbekanntere Albumtracks,

wie ‘Young Offender’ oder ‘Discoteca’ dabei. Und: Gelegentlich greift Tennant zur Akustikgitarre, damit ja keiner

auf den Gedanken käme, die Show – die Musik kommt abgesehen von zwei Hilfsmusikern, die vom Halbdunkel am Bühnenrand

aus sporadisch Percussion und Keyboard-Sounds einstreuen, ausschließlich aus den Samplerkisten des wie versteinert

dastehenden Chris Lowe – sei vielleicht nicht live. Die Disco-ära der späten 70er war den Pet Shop Boys stehts die

liebste Inspirationsquelle – und sie scheint unerschöpflich zu sein. Zum neuen Ohrwurm ‘New York City Boy’, dem

‘schwulsten Song, der je geschrieben wurde’, wie ein englisches Magazin letzthin erkannte, laufen die Begleitsänger

in Matrosenuniform auf, Musik und visueller Eindruck vereinen sich zur Hommage an die Village People. Die Erste in

dieser Art war natürlich ‘Go West’. Mit diesem Hit, bekannt aus der Fussballarena nebenan, schrauben die Pet Shop

Boys die Stimmung zum Schluß des Konzerts gekonnt auf den Höhepunkt.


Die Pet Shop Boys – sie leben hoch!

Taken from: Musik Express & Sounds Februar 2000
Interviewer: