Am 2. April erscheint ‘Release’, das neue Album
der britischen Synthie-Pop-Veteranen Pet Shop Bovs.
Neu Tennant und Chris Lowe produzierten das Werk
alleine in Tennants Studio in Nordengland. Hilfe
kam u. a. von Johnny Marr, dem Gitarristen der
Band The Smiths.
KURIER: Ihre neue Platte klingt ziemlich gitarrenlastig. Hat sich Ihr Verhältnis zur Rockmusik geändert?
CHRIS LOWE: Wir waren nie Elektronik-Puristen, wir haben immer Gitarren verwendet. Wenn wir die Rockmusik attackierten, war es nicht so sehr eine Attacke auf Gitarren, sondern eher auf dem Umstand, dass diese Musik mehr respektiert wurde als Pop. Darum haben wir auch einen U2-Song (‘Where The Streets Have No Name’, Anm.) gecovert. Es ist ein guter Song – aber würde man ihn in unserem Stil für gleich gut halten wie die Rockversion? Diese Frage wollten wir aufwerfen.
KURIER: Bei Ihren Liveshows verwenden Sie keine aufwändigen Kostümierungen mehr. Ist es Ihnen noch wichtig, sich durch Mode vom Durchschnitt abzugrenzen?
CHRIS LOWE: Wir mochten es, wenn Gruppen sich ausgefallen anzogen, in den 80ern war das ein tolles Ding. Dann kam die Periode, in der jeder normal war – jeder trug weite Kleidung. Wir waren aber auch nicht zufrieden mit dem, was in der Modewelt passierte. Indem wir völlig ausstiegen und in die theatralische Richtung gingen – etwa mit Perücken und Samurai-Kleidern – schufen wir etwas Neues. Ich habe es immer gemocht, wenn es verschiedene Jugendkulturen gab. Als ich ein Teenager war, gab es in England Skinheads, New Romantics, all diese verschiedenen Grup-pen. Sie haben sich zwar gegenseitig verdroschen, aber es war eine sehr aufregende Atmosphäre. Heute kann man vom Aussehen der Leute nicht mehr darauf schließen, welche Musik sie hören und zu welcher Szene sie gehören. Wir sagen nun einfach: Das sind wir. Bei mir gab es immer einen Unterschied, wie ich auf Bühne und auf der Straße aussehe. Nun fallen diese beiden Dinge zusammen. Das reflektiert auch unsere Musik, die ebenfalls zu 100 Prozent von den PetShop Boys stammt.
KURIER: Aber es gibt ein visuelles Konzept bei Ihren Konzerten?
CHRIS LOWE: Ja. Unsere letzten Konzerte waren für kleine Hallen konzipiert. Es ist bis jetzt unsere minimalistischste Show. Wenn wir in größeren Hallen spielen, werden wir diese Ästhetik übernehmen und sie theatralischer machen. Wir werden uns dabei eher auf die Beleuchtung, weniger auf Kostüme und Kulissen verlassen.
KURIER: In ‘The Night I Fell In Love’ beschreiben Sie eine schwule Liebesaffäre mit dem Skandal-Rapper Eminem. Was ist daran wahr?
CHRIS LOWE: Da müssen Sie Neil Tennant fragen, er hat den Text geschrieben. Aber er hat gesagt, dass er Eminems Technik benutzt: Wenn Eminem homophob ist, dann versetzt er sich in eine andere Person. Neil hat diese Idee aufgegriffen und hat in der Fantasie durchgespielt, wie es wäre, wenn Eminem schwul wäre.
KURIER: Wie sehen Sie die Zukunft der Popmusik?
CHRIS LOWE: Im Moment gibt es viele Leute, die nur Ruhm wollen. Sie kümmern sich nicht darum, ob sie das als TV-Moderator, als Soap-Star oder als Musiker schaffen. Ich hoffe, dass in der Zukunft Leute zusammenkommen, die selbst Musik machen wollen, und für die Ruhm sekundär ist.
Taken from: Kurier
Interviewer: Michael Huber