Diskomusik im Gewand der großen Oper

Die ‘Pet Shop Boys’ starteten nach neunjähriger Pause


in der ausverkauften Alten Oper ihre Deutschlandtournee.




Während Pop-Musik den Beigeschmack des Gewöhnlichen trägt, galt Pop Art stets als avantgardistisch. Wie ungewöhnlich

Pop-Musik doch sein kann, bewiesen die ‘Pet Shop Boys’, das Pop-Duo par excellence, zum Start ihrer Deutschlandtournee

vor etwa 3000 Fans in der Alten Oper. Und das lag nicht nur am extravaganten, dekonstruktivistischen Bühnenbild der

Iranerin Zahah Hadid – einer aufgefalteten schrägen Wand, gleichzeitig Projektionsfläche einer Videolight-Show, vor

einer abschüssigen Rampe – oder an den blonden Edelpunkperücken, Sonnenbrillen, weiten Röcken und Mänteln des Duos.


Der Große Saal der Alten Oper, auf den ersten Blick nicht gerade der ideale Ort für Popkonzerte, war für die

Inszenierung der beiden Engländer der richtige Rahmen. Wenn auch der Boden bei manchen der überfetten Bässe vibrierte,

dieses Klangerlebnis wäre in kaum einer anderen Halle möglich gewesen.


Augen und Ohren befanden sich während des Konzertes nicht selten im Widerspruch: Was sich anhörte wie artifizielle

Diskomusik, sah aus wie große Oper. Nicht nur Sänger Neil Tennant stieg gemessenen Schrittes die Rampe hinunter,

sondern auch die Backgroundsängerin Terry Cunnings, gekleidet wie eine Königin der Nacht, und die vier

‘New York City Boys’, mal in Matrosenanzügen, mal in Roben oder Freizeitdress. Nur Chris Lowe, zweite Hälfte der

‘Boys’, blieb stoisch an seinen Keyboards kleben, mischte das Crescendo der Synthigeiger mit punktgenauen Technobeats.


Perfektion ist nicht alles, das bewies Tennant, als er mit einer akustischen Gitarre unplugged ‘You only tell me you

love me when you’re drunk’ anstimmte. Als er mit Dusty Springfield zum virtuellen Duett ‘What have I done to deserve

this’ ansetzen wollte, kam es zu einer technischen Panne. ‘So was heitert die Sache auf,’ meinte er trocken, holte den

Song aber in der Zugabe nach.


Der Set enthielt, wie Tennant zu Beginn ankündigte, etliches aus der neuen CD ‘Nightlife’ und den vergangenen 15 Jahren:

Lieder über Liebe, Sex, Sünde und Geld. So quittierte das Publikum Songs wie ‘Left on my own devices’ oder ‘Being Boring’

mit Applaus, begann aber erst nach der Pause zu ‘Se a vita E’, ‘Always on my mind’, und ‘It’s a sin’ zu tanzen und zu

singen. Und selbstverständlich flippte es beim letzten Titel richtig aus: ‘Go West’, der Song der ‘Village People’, den

die ‘Pet Shop Boys’ zur Hymne machten.

Taken from: Vielen Dank an für diesen Artikel)
Interviewer: Franz Heinrich Ott