Revolution im Disco-Trott

Pet Shop Boys spielen im Stadtpark


‘Panzerkreuzer Potemkin’




Elektro-Pop goes Matrosenaufstand. Was wie eine surrealistische Spinnervision klingt, funktioniert als Symbiose auf der Konzertbühne. In London waren

25 000 Besucher auf dem Trafalgar Square vereint, als die Pet Shop Boys im August 2005 ihr Battleship ‘Potemkin’ zur Live-Uraufführung vom Stapel ließen.

Am Montag, dem 5. 9., tuckert der ‘Panzerkreuzer Potemkin’ in der Soundversion von Neil Tennant und Chris Lowe über die Stadtparkbühne.



‘Der beste Film aller Zeiten’, unter dieser Flagge zieht Sergej Eisensteins Klassiker von 1925 ungebrochen über die Kinoleinwände und Bildschirme und

behauptet neben Orson Welles ‘Citizen Kane’ die Pole-Position in der ewigen Kino-Hitliste. Der russische Filmemacher hatte sein Meisterwerk als

Auftragsarbeit zur Erinnerung an die Revolution von 1905 gedreht. Der Stummfilm handelt von einem Matrosenaufstand auf einem Panzerkreuzer vor der

Schwarzmeerküste bei Odessa, der zum Signal für die Revolution wurde. Als die Matrosen verdorbenes Fleisch essen sollen, eskaliert die Meuterei.

Allein die Treppenszene von Odessa verankerte das Filmkunstwerk mit Politanspruch in den Köpfen der Cineasten.



Eisenstein äußerte mal den Wunsch, jede Generation solle ihre Musik zum ‘Panzerkreuzer Potemkin’ komponieren. Die Pet Shop Boys kamen diesem Wunsch nach

und produzierten mit den Dresdner Sinfonikern eine Neuversion fürs 21. Jahrhundert. Torsten Rasch sorgte für die Neuarrangements. Der Soundtrack enthält

instrumentale Passagen, die der Dramaturgie des knapp 70 Minuten langen Films folgen. Lowe & Tennant komponierten und produzierten drei neue Songs im

eigenen Elektro-Disco-Pop-Stil: ‘No Time For Tears’, ‘After All’ (The Odessa Staircase) und die Schlußhymne ‘For Freedom’.



Stadtparkbesucher erwartet also ein multimediales Erlebnis aus flimmernden Bildern und flackernden Rhythmen. Dabei geht der Popbombast aus den Synthesizern

nicht immer konform mit dem Montage-Rhythmus der Filmbilder, was Lowe & Tennant wohl auch nie im Ernst geplant haben. Auch das Orchester mußte sich in

London der Macht des Pet-Shop-Sounds ergeben. Hören und sehen wir mal, was im Stadtpark läuft…

Taken from: Hamburger Abendblatt
Interviewer: Willi Andresen