Ein Weltstar im Big Eden

Neil Tennant von den Pet Shop Boys über Würstchen und Ausgehen




In den letzten zwei Jahren haben Sie mit dem Produzenten Chris Zippel in Berlin zusammengearbeitet. Wie kam es dazu?


Wir wollten in Berlin einige Titel aufnehmen, weil die Stadt einen ge-wissen Ruf auf dem Gebiet der elektronischen Musik hat.

Ein Freund von uns, Marc Reeder, betreibt hier das kleine Label MFS Records. Er empfahl uns Chris Zippel als Produzenten. Wir

trafen uns, kamen gut miteinander aus – und das war’s.



Konnten Sie sich während der Aufnahmen zu deutschem Essen durchringen?


Absolut. Wir beide mögen deutsches Essen, worüber jeder in unserer Plattenfirma recht erstaunt schien. Würstchen mit Sauerkraut

oder Wiener Schnitzel sind hervorragend. In London bekommt man Ge-richte wie diese nicht so leicht.



Hatten Sie die Möglichkeit, die Clubszene vor Ort kennen zu lernen?


Nicht sehr. Ich mag die Clubs in Berlin nicht. Sie wirken immer un-heimlich cool. In den frühen Neunzigern gingen wir gerne in

den Tresor, aber heute bevorzuge ich Bars. Abends arbeiteten wir sowieso meist oder trafen uns mit Chris Zippel in Charlottenburg.

Er lebt dort und geht beispielsweise nie in Mitte aus. Da unser Hotel in Mitte lag, erkundeten wir ein wenig die Ecke. Aber ich

muss gestehen, dass ich am Ende genug von der Gegend hatte. Das einzige Mal, als wir richtig ausgingen, war es ein Club im Westen –

am Ku’damm.



Das Big Eden?


Genau. Marc Almond sang an jenem Abend dort. Das Publikum war so laut, dass er ein Lied unterbrach und den Leuten befahl, die

Klappe zu halten. Fantastisch. Dasselbe musste ich leider auch tun, um eine Berliner Queen mit Irokesenschnitt in die Schranken

zu weisen. Ich glaube, sie wollte uns die ganze Zeit erzählen, wie cool die Partys sind.



Wie Sie wissen, haben wir einen schwulen Bürgermeister in der Stadt. Könnten Sie sich das in London vorstellen?


Aber natürlich. Das ist keine Frage mehr. Denken Sie mal daran, dass Tony Blair eine Zeit lang drei schwule Minister in seinem

Kabinett hatte. Die Einstellung hat sich hier fundamental geändert.

Taken from: Siegessäule
Interviewer: Ulf Lippitz