Vom Raven nicht abzuhalten

Jedem Künstler seine Abgrenzung: Die Pet Shop Boys positionieren sich gegen Rockgedöns, Moderat gegen den Club, Azealia Banks ist gegen alles und Weezer sowieso.

Wissen Sie noch? Tony Soprano hat einmal zu seinen affigen Mafiafreunden gesagt, dass die armseligste Form der Konversation immer mit den Worten “Weißt du noch?” beginne. So armselig, wie sie demnach sein müsste, klingt die neue Platte der Pet Shop Boys allerdings nicht. Das Album mit dem Titel Super ist zwar ein einziges 45-minütiges “Weißt du noch?”, und in der Vorabsingle The Pop Kids fällt achtmal hintereinander die Phrase “remember those days”. Aber für die Pet Shop Boys galten schon immer eigene Regeln.

Gerade weil sie das Onkelige ihrer Existenz nicht leugnen, läuft es wie geschmiert im aktuellen Frühling der Band. Wer die Pet Shop Boys heute für ein Festival buchen möchte, braucht unterhalb des Headliners gar nichts anzufragen. Neil Tennant und Chris Lowe reisen dann mit klobigem Synthie-Laptop-Aufbau, lustigen Kostümen und vielleicht noch ein paar Tänzern an. Sie veranstalten einen retrospektiven Rave und lassen durchscheinen, wie viel erhabener, ehrenwerter die Raves früher waren. Was natürlich niemanden vom Abraven abhält.

Super ist der Kraftstoff für die nächste Runde dieser Auftritte. Das 13. Album der Pet Shop Boys, produziert vom Elektro-Pop-Edeltechniker Stuart Price, betont seine House-Herkunft: Das Klavier klingt Euro-dancig, die Kuhglocke nach digitaler Verschönerung. Eine Opernsängerin donnert durchs marschmusikalische The Dictator Decides, und die Durchatme-Ballade Sad Robot World hält das Versprechen ihres beknackten Titels. Tennants Texte liefern ein subversives Element dazu, popkulturell verfeinerte Weltanschauungen in Abgrenzung von dem ganzen Rockgedöns, das seiner Band immer zuwider war. Wie schade, dass bei den Pet Shop Boys niemand auf die Texte achtet.

Aus: Zeit Online
Von: Daniel Gerhardt