Wohnzeile Prager Straße wird zu Bühne und Kino






Ein bisschen aufgeregt ist sie schon, die rüstige 80-jährige DNN-Leserin Ruth Blüher. Stadtjubiläums-Intendant

Werner Barlmeyer hat ihr gerade zwei Freikarten überreicht, Produzent Sven Helbig von den Dresdner Sinfonikern

einen Anwohnerausweis. Auf Ruth Blühers Balkon in der dritten Etage der Wohnzeile Prager Straße (St. Petersburger

Straße 28) wird am 20. Juli ab 22 Uhr ein Bratscher spielen.



Der Musiker auf dem Balkon gehört zu den Dresdner Sinfonikern um Sven Helbig. Zusammen mit den beiden Briten

der Electro-Dance-Pop-Gruppe Pet Shop Boys belegen die Sinfoniker 44 von 246 Balkonen an der Fassade des

Wohnriegels zur Prager Straße und spielen den Soundtrack zum Stummfilm ‘Panzerkreuzer Potemkin’. Die Fassade

wird nicht nur zum Sitz des Orchesters, sondern erhält eine Riesenleinwand, über die der Film flimmert.



An Deutschlands größter Wohnzeile (so Woba-Sprecher Peter Horenburg) und davor befinden sich am 20. Juli rund

150 Scheinwerfer, die den Wohnblock, die Balkone, den Film und das Publikum inszenieren. Rund 2,3 Kilometer

Kabel müssen laut Bob Voigt verlegt werden. Voigt ist der Technische Leiter des Spektakels, arbeitet für die

Dresdner Firma Waterloo Produktion. Hendrik Wagner vom Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) weist darauf hin, dass

die Tickets fürs Konzert zugleich Tagestickets für VVO-Busse und -Bahnen sind, damit die Besucher von weiterher

günstig an den Spielort kommen, denn Parkplätze sind hier rar.



Sitzplätze gibt’s auch keine. Der ganze Platz zwischen Centrum-Warenhaus und Wiener Platz wird zur Konzertfläche.

Das englische Institut für zeitgenössische Kunst (ICA) in London hatte dem Pop-Duo Pet Shop Boys den Auftrag geben,

den ‘Panzerkreuzer’ neu zu vertonen. Die wiederum sind von der Arbeit des Dresdners Sven Helbig begeistert,

setzten sich per E-Mail mit ihm in Verbindung. Helbig wiederum brachte die Dresdner Sinfoniker und schließlich

die ‘Prager Wohnzeile’ ins Spiel. Ging vom Panzerkreuzer 1905 das Signal für die erste russische Revolution aus

hin zum Kommunismus, startete vor dem Hauptbahnhof an der Prager Straße 1989 die friedliche Revolution weg vom

Kommunismus. Das mache diesen Ort so einmalig, sagte Helbig. Die Ereignisse um 1989 werden in einem zehnminütigen

Film vor dem Konzert gezeigt.

Taken from: Dresdner Neueste Nachrichten
Interviewer: Ralf Redemund