Schöne Abwechselung

Mit dem Battleship Potemkin brechen die


Pet Shop Boys zu neuen Ufern auf




Klassik meets Elektropop: Zusammen mit den Dresdner Sinfonikern haben die ‘Pet Shop Boys’ Neil Tennant und Chris Lowe einen neuen Soundtrack

für den Stummfilmklassiker ‘Panzerkreuzer Potemkin’ aufgenommen.


Was faszinierte euch an der Vertonung einet über 80 Jahre alten Stummfilms?


NEIL TENNANT: Der Film wird zu Recht als Meisterwerk gefeiert, weil Regisseur Eisenstein mit verschlüsselten Botschaften die russische

Revolution thematisiert. Das ist bis heute historisch bedeutsam und spektakulär. Als das britische Institute of Contemporary Art uns fragte,

ob wir es uns zutrauen, neue Songs zu dem Film zu komponieren, haben wir sofort zugesagt. Wir lieben eben die Abwechslung.


CHRIS LOWE: Neil und ich sind echte Filmfreaks. Manchmal führen wir Unterhaltungen, die nur aus Film-Dialogen bestehen. Das ist amüsant,

fast wie eine ‘Battle’ beim HipHop.



Hattet ihr überhaupt keine Angst vor der ungewohnten Aufgabe?


LOWE: Nein, keine Sekunde. Obwohl es im Studio durchaus Situationen gab, in denen wir ins Grübeln gekommen sind. So waren wir uns

beispielsweise oftmals uneinig, bei welchen Szenen wir das Orchester oder die für uns typischen Elektroniksounds einsetzen sollten.


TENNAMT: Aber gerade die Mischung der verschiedenen Stile macht den Reiz des gesamten Projekts aus. Wenn zu einer Filmsequenz erst

das 26-köpfige Streicherensemble und gleich danach wuchtige Computerbeats erklingen, erscheint das für viele erst mal abwegig. Wir waren

selbst überrascht, wie perfekt die Titel am Ende zu Eisensteins monumentaler Bildsprache passen.



Was würde Regisseur Sergej Eisenstein über die Heuvertonung sagen?


TENNANT: Ich denke, er wäre mit uns und der Untermalung seiner Bilder zufrieden. Es war ja Eisensteins Wunsch, dass sein Film alle

zehn Jahre mit neuen Klängen unterlegt wird, damit er für die nachwachsenden Generationen interessant bleibt.



Ebenstein galt als Revolutionär. Seid ihr noch rebellisch?


LOWE: (lacht) Ich fürchte, die Zeit der Rebellion haben wir hinter uns gelassen. Meiner Meinung nach ist der heutigen Musik jeglicher

Revolutionsgedanke durch Beliebigkeit und Massenkompatibilität abhanden gekommen. Wir leben in einer schnellebigen Zeit, da scheint es mit so,

als müssten die meisten Lieder nur noch unser Leben mit den tausend verschiedenen Alltagssituationen erträglicher machen.



Fürchtet ihr, dass der Soundtrack nicht viele Kauferfindet? Als Hintergrundberieselung ist er jedenfalls nicht geeignet.


TENNANT: Nie zuvor wurden von außen so hohe Erwartungen an eine neue Produktion geknüpft. Das hat uns angestachelt ein künstlerisch

anspruchsvolles Thema so umzusetzen, dass einerseits unsere Fans, andererseits aber auch die filmbegeisterten Zuschauer zufrieden nach Hause

gehen. ‘Battleship Potemkin’ ist sicherlich keine typische Pet-Shop-Boys-Platte geworden, auch wenn einige Songs unserem Sound sehr nahe kommen.

Das war vielleicht der Kompromiss, den wir eingegangen sind.

Taken from: TV Spielfilm 17/2005
Interviewer: S. P. Dressel