Pet Shop Boys vertonen ‘Panzerkreuzer Potemkin

Normalerweise würde der Stummfilm ‘Panzerkreuzer Potemkin’


vielleicht 50 Cineasten in ein alternatives Kino locken.


Am Sonntagabend aber kamen geschätzte 15 000 trotz Regens


auf den Trafalgar Square, um sich den Klassiker auf einer


Riesenleinwand anzuschauen.




Der Grund für den Zulauf unter der Säule von Admiral Nelson war weniger der Film von 1925 als die Filmmusik: Die britische

Popband Pet Shop Boys spielte in London live mit den Dresdner Sinfonikern zu dem Werk von Sergej Eisenstein (1898-1948).



Die beiden Pet Shop Boys Neil Tennant (50) und Chris Lowe (45) hatten vom Londoner Institute for Contemporary Arts (ICA)

den Auftrag erhalten, den Film neu zu vertonen. Nun stellten sie zusammen mit dem 25-köpfigen Dresdner Streichorchester

und einem Solotrompeter erstmals das Ergebnis vor: eine Mischung aus Popkonzert, klassischer Musik und revolutionärem Kino.



Der Film handelt von einem historischen Matrosenaufstand auf dem Panzerkreuzer Potemkin. Als die Matrosen von Maden wimmelndes

Fleisch essen sollen, bricht eine Meuterei aus. Der Aufstand wurde 1905 zum Signal für die erste russische Revolution. Der

Kinoklassiker ist vor allem wegen der berühmten Treppenszene von Odessa in die Filmgeschichte eingegangen. Sie zeigt, wie

Soldaten die Einwohner der Hafenstadt, darunter viele Frauen und Kinder, niederschießen.



Im Oktober 1990 wurde ‘Panzerkreuzer Potemkin’ von 6000 europäischen Filmschaffenden zum ‘besten Film aller Zeiten’ gekürt.

Die nun präsentierte Vertonung ist nach denen von Edmund Meisel (1895-1930) und Dimitri Schostakowitsch (1906-1975) die dritte.

Eisenstein hatte einmal gesagt, es wäre sein größter Wunsch, dass jede Generation ihre eigene Musik zum ‘Panzerkreuzer’ komponiere.



Zu der dramatischen Treppenszene spielten die Pet Shop Boys einen ihrer neuen Songs, der im Refrain die Zeile ‘Why did we go to

war’ (Warum sind wir in den Krieg gezogen) trägt. Ansonsten waren die Stimmen der beiden in die Jahre gekommenen Dance-Pop-Könige

nur selten zu hören. Sie beschränkten sich in ihrer Vertonung vor allem auf einen Mix aus klassischer und elektronischer

Instrumentalmusik. Das Streichorchester wurde von dem deutschen Komponisten Torsten Rasch arrangiert.



Die Dresdner Sinfoniker waren auf Wunsch der Pet Shop Boys mit dabei: ‘Neil Tennant hatte eine Rezension über uns gelesen und

dann eine CD übers Internet bestellt. Die hat ihm so gefallen, dass er sich bei uns gemeldet hat’, sagt Sven Helbig, Mitbegründer

der Sinfoniker und Produzent des Projekts. Die Veranstaltung soll nun eventuell in anderen Städten wiederholt werden. Helbig: ‘Es

gibt Anfragen aus aller Welt – aus Australien, den USA und natürlich Russland.’



Die Filmmusik soll Anfang nächsten Jahres als neues Pet-Shop- Boys-Album in den Handel kommen. Ob es den ‘Panzerkreuzer Potemkin’

als neu vertonten Film zu kaufen geben wird, steht dagegen noch nicht fest.

Taken from: DPA
Interviewer: Lycos.de