Pet Shop Boys: Never Being Boring!

Zwei gelangweilt dreinschauende Herren mit orange farbenen Punk-Perücken, grauen Plastikanzügen, riesigen aufgeklebten

Augenbrauen und runden Sonnenbrillen sitzen auf einer Bühne und beantworten Fragen. Das Ereignis nennt sich Pressekonferenz

mit den Pet Shop Boys, also dem Duo, das 1990 in einem seiner vielen Hits versprach ‘Never Being Boring’ zu sein

und zeichnet sich dadurch aus, dass der eine von den beiden, Sänger Neil Tennant mit eher wenigen den Gesprächspart bestreitet,

während der andere, Keyboarder Chris Lowe überhaupt nur dann was sagt, wenn Neil ihn mit den Worten weckt: ‘Chris sag doch

auch mal was’. Irgendwann so nach zwanzig Minuten, fragt jemand, wer sie denn nun eigentlich sind, diese Männer, die sich

hinter ihrem maskenhaften Auftreten verbergen. Prompt guckt Tennant ganz schön irritiert. ‘Also, ich denke, diese Frage

ist unmöglich zu beantworten, wir verraten ja jede Menge über uns in unseren Songs, außerdem präsentieren wir uns ja gar

nicht in so einer Art und Weise, dass wir erwarten würden, die Leute werden sich persönlich für uns interessieren.

Ich meine, warum sollten sie auch? Verglichen mit zum Beispiel Madonna sind wir beiden ja nicht sonderlich spannend.’


Und dementsprechend haben sich die Pet Shop Boys für ihr neues Album Nightlife und die dazugehörige Tournee

ein Konzept erarbeitet, das noch eine Spur künstlicher und abstrakter daherkommt, als wir das von den beiden ohnehin

gewohnt sind. Als Bühnendesignerin engagierten sie die britische Architektin Zara Hadid, die sich selbst als ‘Dekonstruktivistin’

bezeichnet. ‘Zara´s Bühnenbauten sollen den Theater-Charakter unserer Show unterstreichen’, sagt Tennant. ‘Irgendwo sehen

wir uns ja auch als Schauspieler. Wir haben uns über die Jahre ja immer schon gerne verkleidet. Ich mag es, wenn die

Pet Shop Boys in einer Art trendigen Uniform stecken und dann zum jeweiligen Album einen Look haben, der zum Markenzeichen wird.’


Stilistisch jedenfalls haben sie sich nicht großartig verändert, mit der kommenden Single New York City Boy

wollen sie ganz unverholen dort anknüpfen, wo sie vor sechs Jahren ihren letzten richtig fetten Hit hatten. Der

Song jedenfalls klingt wie eine Kreuzung aus eben jenem ‘Go West’ und ‘YMCA’ von den Village People und dürfte nicht

nur jede Gay-Disco zum kochen bringen. Sonst? Ein Duett mit Kylie Minogue namens ‘In Denial’, einige Balladen mit

Streichern, Kollaborationen mit House-Produzent Dave Morales und Faithless-Chef Rollo Armstrong, mithin keine Sensationen,

aber angenehm vertraut klingend und immer noch auf der Höhe der Zeit. Tennant: ‘Das ganze Konzept der Popmusik basiert für

mich auf dem Transport von guten Gefühlen. Das fasziniert uns einfach noch immer. Es ist allerdings ein Widerspruch,

seit langer Zeit in diesem Geschäft zu arbeiten und immer noch zu versuchen, wie eine komplett neue Band zu wirken.’

Da setzen die beiden, die seit ihrer 1985er Nummer Eins Single ‘West End Girls’ dem anspruchsvollen Pop ihren stilprägenden

Stempel aufgedrückt haben, eben lieber Konstanz und Wiedererkennungswert. ‘ich sehe unser neues Album und unseren

Look als eine komplett neue Version einer bereits bestehenden Software. Die Leute brauchen es vielleicht nicht unbedingt,

aber sie kaufen es trotzdem.’ Recht hat er.

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