Pet Shop Boys beweisen sich erneut

Sie sind das erfolgreichste Duo der britischen Musikgeschichte. Das zeigen Zürcher Neil Tennant und Chris Lowe auch in der Zürcher Maag-Halle.




Sie haben in 23 Jahren zehn Platten gemacht und fünfzig Millionen davon verkauft. Sie haben Stil, Hirn und Humor. Ihre Shows bleiben so unverkennbar wie ihre Videoclips. Alle möglichen Kollegen möchten sich von ihnen remixen lassen. Sie geben wunderbar ironische Interviews und schreiben Songs mit Titeln wie «Love Comes Quickly», «Suburbia» oder «Pandemonium», die sie in der Zürcher Maag-Halle in funkelnden Versionen aufführen. Die Pet Shop Boys sind das erfolgreichste Duo der britischen Musikgeschichte. Was, fragt man sich, haben Neil Tennant und Chris Lowe noch zu beweisen?




Unter Regenschirem und hinter Sonnenbrille




Sieht man die beiden Briten auf der Bühne stehen, der eine unter dem Regenschirm und der andere hinter der Sonnenbrille, vom Licht umtanzt, von Tänzern umwirbelt, vom Discobeat umdröhnt, dabei mit ausdruckslosen Mienen: Man könnte meinen, es sei ihnen alles egal. Und sie hätten, wie ihre Vorbilder von Kraftwerk, den deutschen Pionieren, zwei Roboter auf die Bühne gestellt.


«Yes» heisst ihre neue Platte, die einen verhaltenen Optimismus ausstrahlt, der die beiden letzten, dunkleren Platten aufhellt. Auf der Hülle der CD ist ein Buchhalterhaken des Künstlers Gerhard Richter zu sehen, in elf Quadrate unterteilt, eines für jedes Stück. Auch die neue Show ist um das Quadrat als Motiv gruppiert: Musiker und Tänzer tragen zu Beginn quadratische Masken, auf der Bühne sind weisse Würfel zu einer Wand geschichtet, auf die sie ihre eckigen Projektionen werfen – und die Würfel nach ein paar Stücken umstossen wie die weissen Steine von Pink Floyd, damals bei ihrem «Wall»-Projekt. Allerdings mit gegenteiliger Absicht: Für Pink Floyd stand die Mauer für das Scheitern der Kommunikation, bei den Pet Shop Boys werden die Steine auseinandergenommen und immer wieder zusammengesetzt: Montage als Möglichkeit.




Behutsame Modernisierung




So funktioniert ja auch ihre Musik, die ihre Einflüsse zu immer neuen Varianten kombiniert, diese Einflüsse aber weder leugnet noch ihnen erliegt. Auf jeder neuen Platte wird der Sound behutsam modernisiert, ohne sich den Trends anzubiedern. Wie gut den Pet Shop Boys das gelingt, zeigt sich schon daran, wie fugenlos die neuen Songs zu den alten passen.


Dass die beiden eine konsequente, ironische Distanz zu ihren Stücken wahren, lässt diese zeitlos klingen, obwohl doch die Tanzmusik besonders schnell veraltet. Die Distanz stellt auch sicher, dass ihre Autoren nie mit den Gefühlen identifiziert werden, nach denen sich ihre Figuren sehnen. Alles ist Pose, scheint ihre Pose zu besagen, und wer von Gefühlen singt, als könne er sie spüren, hat sie schon verraten: «Too much of everything», singt Tennant mit seiner flachen Stimme auf «Love etc.», dem ersten Stück des neuen Albums, «is never enough.» Es ist der Höhepunkt des Abends.

Taken from: Baseler Zeitung
Interviewer: Jean-Martin Büttner