Die Pet Shop Boys sind ein Phänomen: Fast jede Single des Duos wurde zum Mega-Hit. Beim Konzert in Stuttgart begeisterten sie die Fans trotz einiger Schwächen.
Ihre Konzerte strotzen nur so vor Kitsch, Ironie und Ohrwurm-Pop. Mit ihrer aktuellen CD ‘Nightlife’ im Gepäck reisten Chris Lowe und Neil Tennant, die beiden Pet Shop Boys, auch nach Stuttgart, um der Fangemeinde die aktuelle Show zu präsentieren. Eine Show im betsen Sinne des Wortes.
In Designer-Klamotten gehüllt, mit Edelpunk-Perücken ausgestattet und von drei schwarzen Sängern und einer Soulperle umgeben, verpassten sie ihren Hits den geeigneten Rahmen. Zunächst stapften die ollen ‘West End Girls’ zu computergesteuerten Sounds über die Bühne. Dusty Springfield schaltete sich via Video zum Duett ein oder die Sängerschar warf sich in Matrosenanzüge, um dem Disco-Stamfer ‘New York City Boy’ die Klischee-Krone aufzusetzen. Da rumpelten die Bässe, die Trommelfelle wurden arg strapaziert und die Liederhalle wurde zur Riesen-Disco mit leichtem Gay-Appeal.
Die zwanzigminütige Pause, in der junge Menschen Hochglanzprogramme an den Mann bringen wollten, verblüffte selbst hartgesottenste Verehrer. Doch dann ging es noch einmal richtig zur Sache. Zunächst in Sachen Gefühl. Zu Tennant Akustikgitarre wurden fünfstimmig Balladen angestimmt, stilecht unterm Video-Sternenhimmel. In diesen wurde dann die Hitrakete mit ‘Always On My Mind’ oder ‘It´s A Sin’ abgefeuert.
Die Stimmung wurde immer besser, der Sound leider nicht. Ein unvergessliches Konzert war das nicht. Aber die Mischung aus honigsüßem Pop, selbstironischen Momenten zwischen Fernsehballett und Village People, oder gepflegtem Design war stimmig. Ein kitschiges Gesamtkunstwerk ganz nah am Abgrund und doch niemals absturzgefährdet. Und den Hammer packten die Boys am Ende mit ‘Go West’ noch aus. Da tobte die Halle.
Taken from: Südwestdeutsche Zeitung
Interviewer: Udo Eberl