Die Pet Shop Boys in Bestform

Die Pet Shop Boys sind wieder da – mindestens genauso gut wie seit 25 Jahren. Mit ihrem Album ‘Yes’ bestätigt das Duo, dass zum Besten gehört, was die Pop-Musik derzeit zu bieten hat.




Die Pet Shop Boys haben die Nase vorn: Während die Fans von Depeche Mode erst jetzt in den Genuss der neuen Scheibe „Sounds of the Universe“ kommen, hat das Duo Neil Tennant und Chris Lowe vorgelegt und mit „Yes“ die Album-Runde eröffnet. Dafür konnten Depeche Mode mit der Welt-Uraufführung der neuen Single „Wrong“ bereits Ende Februar etwas Hörbares vorstellen. Die Single „Love etc.“ von den Pet Shop Boys erschien am 13. März.




Die Pet Shop Boys liefern mit „Yes“ einmal mehr sauber durchproduzierten Pop ab. Jeder Song trifft den Nagel genau auf den Kopf und klingt einfach rundherum fertig – wie eigentlich jeder Song aus den vergangenen 25 Jahren. Bemerkenswert: Die Pet Shop Boys sind sich über all die Jahre treu geblieben ohne dabei auch nur ein bisschen langweilig zu werden. Ihnen gelingt mit jedem Album ein Aha-Effekt. So zum Beispiel mit dem vorigen Werk „Fundamental“, als das Duo das wiederum vorangegangene Album „Release“ auf eine Weise ad absurdum führte, dass es schon fast zu logisch war.




Sauber produziert




„Yes“ ist nun nicht der ganz große Wurf – den haben die PSB schon mit „Fundamental“ produziert. An dem Album aus dem Jahr 2006 werden sich alle folgenden Platten der zwei Londoner messen lassen müssen. Da ist das Scheitern programmiert. Isoliert betrachtet, ist „Yes“ aber ein sehr gelungenes Pop-Album, das sich ganz auf die Stärken der Pet Shop Boys beschränkt. Interessanterweise haben Tennnat und Lowe offenbar selbst gemerkt, was sie sich mit dem Vorgänger-Album angetan haben, und holten sich erstmals externe Hilfe ins Studio. Sie produzierten und komponierten einige Stücke zusammen mit dem Pop-Produzenten Brian Higgins von Xenomania.




Das faszinierende Ergebnis: ein Pet-Shop-Boys-Album, wie es typischer nicht sein könnte. Die PSB haben die Vorschläge und Einflüsse von Xenomania dankbar aufgenommen und anschließend den ihnen typischen Zuckerguss darüber gegossen. Dass Tennant und Lowe keine Angst vor großen Namen haben, beweisen sie mit „All over the word“, für das sie sich sogar bei Tschaikowskis Nussknacker bedienten.




Tanzmusik mit Anspruch




Nachdem sie auf „Fundamental“ ausschließlich auf elektronische Sounds setzten, kehren die Pet Shop Boys auf „Yes“ zu einer Mischung aus herkömmlichen Instrumenten und Elektro-Sounds zurück, mit der sie schon auf „Release“ großen Erfolg hatten. Besonders imposant gelingt ihnen das beim dritten Song des Albums „Beautiful people“, der stark an Songs von den Carpenters aus den späten 60ern erinnert. Höhepunkt ist das Finale mit schmalzigen Streichern, Bläsern und ganz zum Schluss einer Mundharmonika. „Beautiful people“ wird gleich vom darauffolgenden Stück „Did you see me coming?“ konterkariert. Hier zeigen die Pet Shop Boys, dass sie in erster Linie tanzbare Musik produzieren – aber immer mit Anspruch.




Denn eines ist klar: Stupiden Dancefloor mit Bummbummbumm gibt es bei den PSB nicht. Mitsing-Melodien? Klar. Rhythmen zum Gleich-Mittanzen? Natürlich! Aber hinter der Dancefloor-Fassade steckt immer mehr, und wenn es nur der nächste Song ist, der in schönem Gegensatz zum vorangegangenen steht. Mit „Vulnerable“ liefern die Pet Shop Boys wieder einmal eine tolle Ballade ab, die sich nicht hinter „Rent“ oder „Jealousy“ zu verstecken braucht. Das Duo schafft es, bei der Gratwanderung zwischen hervorragendem Pop und ekeligem Kitsch immer auf der richtigen Seite zu bleiben, wenn auch manchmal nur ganz haarscharf.




„Yes“ ist ein absolut gelungenes Album, wenn auch keine Platte aus einem Guss. Jeder Song steht für sich alleine. Zehn der Elf Songs könnten problemlos als Single ausgekoppelt werden, alle Stücke können beliebig in Playlists eingefügt werden. Die Platte ist genau das Gegenteil eines Konzeptalbums. Elf absolut eigenständige Songs, mit jeweils eigenen Vorzügen.




Taken from: Der Westen
Interviewer: Stefan Reinke